Blues in den USA - Delta Blues |
Zurück zur Auswahl
Der
Blues entwickelte sich zuerst in den ländlichen Gebieten des
amerikanischen Südens. „Country Blues“ ist der
zusammenfassende Begriff dieser verschiedenen regionalen Bluesstile.
Country Blues ist vorwiegend, aber nicht immer, eine Musik, die auf
akustischen Gitarren mit diversen Techniken, wie Slide Guitar und
Fingerpicking, gespielt wird. Die Musiker waren überwiegend
Autodidakten, daher wirkt diese Musik rauh und kantig.
Der bekannteste ländliche Blues ist zweifellos der „Delta
Blues“. Er war der erste Bluesstil, der den Sologitarristen in
den Vordergrund stellte. Wie der Name schon sagt, liegt die
Geburtsstätte des Delta Blues in einem Landstrich, der als
Mississippi-Delta bekannt ist. Diese Region (nicht zu verwechseln mit
dem Mississippi-Delta um New Orleans) erstreckt sich nur über
einen schmalen Streifen Land zwischen dem Yazoo River und dem
Mississippi im Süden von Memphis und wird für die eigentliche
Wiege des Blues gehalten. Am Anfang des 20. Jahrhunderts war das Delta
das Zentrum des Baumwollanbaus und der schwarzen Wanderarbeiter. Viele
Afroamerikaner versuchten, dem trostlosen Arbeitsalltag zu entfliehen.
Eine Form dieser Flucht war es, den Blues zu spielen.
Mehr als anderswo versenkt sich der Delta Bluesman in die Musik, die er
schafft; je länger er spielt, desto tiefer. Er und seine
Zuhörer erwarten von der Musik durchaus eine Befreiung von ihren
Qualen. Der Gesang ist durchweg spannungsvoll und vehement, die sehr
bilderreichen Verse gehen ohne erkennbare Logik ineinander über,
weben aber einen poetischen Teppich, der geradezu magisch
beschwörend wirkt. Das Gitarrenspiel ist meist nicht besonders
kunstvoll, aber oft ideenreich und sehr komplex und nutzt alle
Möglichkeiten des Instruments aus. Sehr oft wird Bottleneck
angewandt. Charakteristika des Delta Blues sind vor allem der wuchtige
Baß und ein konstant durchgehaltener, eindringlicher Rhythmus,
der in direkter Linie auf den afrikanischen Ursprung dieser Musik
zurückgeht. Diese Qualitäten, an erster Stelle den
synkopierten Rhythmus, findet man, trotz aller Verschiedenheit des
individuellen Stils, bei allen großen Bluesmen des Deltas: Skip
James, Charlie Patton, Son House, Tommy Johnson, Big Joe Williams,
Bukka White, Tommy McClennan.
Der berühmteste aller Delta Bluesmen ist selbst- verständlich Robert Johnson (Links), um dessen Leben sich Mythen und Legenden ranken. Einige sagen, er habe seine Seele dem Teufel
verkauft, im Tausch gegen sein außerordentliches Talent. Johnson
lernte das Gitarrenspiel von Eddie „Son“ House, einem
anderen großen Delta Bluesman, der auch Charlie Patton gut
kannte. Mit seinen langen, dünnen Fingern spielte Johnson eine
tolle Gitarre, doch er war ein ebenso großes Gesangstalent,
dessen Stimmumfang vom höchsten Diskant bis zum tiefsten Bass
reichte. Johnson bereiste konstant den Süden und spielte dort in
fast jeder Stadt. Diese Rastlosigkeit bestärkte die Gerüchte,
daß er auf der Flucht vor dem Teufel sei, denn wenn er zu lange
an einem Ort verweilte, würde ihm der Teufel seine Seele nehmen.
Seine Karriere endete abrupt mit seinem frühen Tod. Während
eines Auftritts in einem juke-joint
in Greenwood, Mississippi, wurde er vom Kneipenwirt durch einen mit
Strychnin versetzten Whisky vergiftet, nachdem er eine kurze
Affäre mit dessen Frau gehabt hatte. Er starb am 16. August 1938
im Alter von nur 27 Jahren.
Traditionell wurde der Delta Blues auf akustischen Gitarren gespielt, bis ein Mann namens McKinley „Muddy Waters“ Morganfield (Rechts) im Jahre 1941 den Blues „elektrifizierte“. Andere Musiker, wie Johnny Shines, John Lee Hooker, Howlin’ Wolf und Elmore James,
spielten ebenfalls elektrischen Delta Blues, aber Muddy Waters war der
Bekannteste. Er entwickelte neue Techniken, wie Feedback
(Rückkopplung) und Distortion (Verzerrung), und schuf einen neuen
und aggressiven Bluesstil.
Der Delta Blues hatte einen großen Einfluß auf den
elektrischen Blues der Nachkriegszeit, denn Chicago, die Hauptstadt des
Blues nach 1945, war überlaufen von schwarzen Zuwanderern aus
diesen Regionen. Der Chicago Blues
der fünfziger Jahre ist in der Tat eine Fortsetzung und eine
Elektrifizierung des Delta Blues. Der Delta Blues hat sich auch weit
über die regionalen geographischen Grenzen hinaus ausgebreitet und
den Blues der benachbarten Südstaaten stark beeinflußt, so
den ganzen Osten von Louisiana, Arkansas, Alabama, sogar Georgia.
Diese Form des Blues wurde von den weißen Fans des Blues Revival
lange Zeit als die einzig gültige angesehen und hat so alle Trends
der Folk- und Rockmusik nach 1960 stark beeinflußt. Heute ist der
Delta Blues bei den Schwarzen der kleinen Städte und Dörfer
jener Region in erstaunlichem Maße wieder lebendig geworden.
|