Robert Johnson - Der Pakt mit dem Teufel |
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Die
Kreuzung war im fahlen Mondlicht nur schwer auszumachen. Robert nahm
die Gitarre von der Schulter, legte sie ins ausgedörrte Gras am
Wegesrand und setzte sich. Er hätte sich zu gern eine Zigarette
gedreht, aber er wagte es nicht. Der Unbekannte, auf den er wartete,
flößte ihm Respekt ein, Angst sogar.
Hier, am staubigen Schnittpunkt (Crossroads) der beiden
Hauptverkehrsstraßen des Coahoma County, sollte er den Gentleman
treffen. Ike hatte das arrangiert, sein Mentor Ike Zinneman, der sich
in solchen Dingen auskannte. Ike Zinneman war Gitarrenspieler wie
Robert, aber ungleich talentierter, um Welten besser als der junge
Schwarze. Das ganze Delta lag ihm zu Füßen, wenn er die
Gitarre von der Schulter nahm, ihr den schweren Segeltuchsack
abstreifte und sie liebevoll anspielte. Keiner brachte wie Ike die
Saiten zum Klingen, niemand schrieb so herzzerreißende Texte wie
er, und erst, als Robert ihm geschworen hatte, alles zu tun, um auch so
spielen zu können, lüftete er sein Geheimnis. Ike war
nämlich erst dann zu einem Ausnahmegitarristen geworden, als er
jeden Abend auf den Friedhof ging, sich auf einen Grabstein setzte und
übte. Ein freundlicher dunkler Herr hatte ihm hier auf der
Kreuzung bei Clarksdale den Rat gegeben und ihm die Gitarre gestimmt,
als er eines Nachts von einem erfolglosen Gig heimwanderte. Und seither
klappte die Karriere.
Ike hatte Robert eingebleut, ja pünktlich zu sein. Um Mitternacht
würde der Herr eintreffen. Wolken zogen vom Mississippi her vor
den hochsommerlichen Vollmond, und den Musiker fröstelte in der
plötzlichen Dunkelheit.
Ohne Ankündigung stand er da. Groß war er, schlank und
dunkel, in einen langen Staubmantel gekleidet. Den Hut hatte er tief in
die Stirn gezogen, er warf keinen Schatten, doch das weiße
Mondlicht schien sich in seinen Augen zu spiegeln. Er streckte fordernd
die Hand nach nach der Gitarre aus. Robert reichte sie dem Fremden, der
sie liebevoll streichelte und Saite für Saite stimmte. Nie hatte
Robert Johnson solche Töne gehört.
Mit flinken Fingern spielte der Mann ein Riff, nickte zufrieden und
reichte dem fröstelnden Robert das Instrument. Dann verbeugte er
sich, grinste hämisch und stellte sich vor. „Legba“,
knurrte er, „und manche nennen mich Esu. Ich habe viele Namen,
aber du weißt, wer ich bin. Geh jetzt; du wirst mich hier immer
finden, wenn du mich suchst.“
Robert Johnson stieß einen langgezogenen Heulton aus, der an die
uralten Klagelaute erinnerte, die zurückreichten bis in die graue
afrikanische Vorzeit.
Geschichten wie diese erzählt man
sich im bluesträchtigen Süden der USA auch über manch
anderen Musicman. Und in der Tat fällt es oft schwer, zu glauben,
daß es bei soviel Talent mit rechten Dingen zugeht.
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